Krebse, die in der Natur kalte Winter durchleben - so wie der rechts zu sehende Cambarus manningi -, brauchen auch in der Aquaristik eine Kältephase im Winter, wenn man sie erfolgreich zur Zucht bringen will. Ihre Nachzucht gestaltet sich aus diesem Grund etwas aufwändiger als die von den in der Aquaristik gängigen Arten der Gattungen Cherax, Cambarellus und Procambarus, die aus wärmeren Gegenden stammen und daher keine Kältephase benötigen.
1 Grundvoraussetzung: Formenwandel
Alle Flusskrebse aus der Familie der Cambaridae machen einen Formenwandel durch. Nur Krebse der Form I sind fortpflanzungsfähig. Darum ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Verpaarung bei Kaltwasserkrebsen: Weibchen und Männchen müssen sich beide in der Form I befinden.
Aufgrund ihrer innerartlichen Aggressivität sollte man viele Arten bei den Kaltwasserkrebsen alleine halten und sie nur zur Paarungszeit über den Herbst und Winter gezielt zusammensetzen. Viele Züchter überwachen das Zusammensetzen und trennen die Krebse nach erfolgreicher Paarung sofort wieder. Die Paarungszeit beginnt ungefähr ab Oktober und ist eben daran zu erkennen, dass die Krebse den im Artikel "Formenwandel bei den Cambaridae" genau beschriebenen Formenwandel zur Form I durchgemacht haben.
2 Die Kältephase
Die Wassertemperatur im Aquarium muss ab November/Dezember stetig absinken. Die Erfahrungen erfolgreicher Züchter besagen, dass sie im Winter über 6-8 Wochen hinweg nicht über die 10 Grad-Hürde klettern darf. Beendet wird die Kältephase, wenn die Außentemperaturen etwa ab dem Monat März wieder zu steigen beginnen.
2.1 Füttern während der Kältephase
Während der Kältephase wird kaum gefüttert, es sollte jedoch in allen Becken Herbstlaub als Dauerfutter zur Verfügung stehen. Posthornschnecken können als lebende Proteinquelle und Putztruppe in Zuchtaquarien für Kaltwasserkrebse gesetzt werden.
2.2 Wasserwechsel während der Kältephase
Zu Beginn der Kältephase, wenn die Wassertemperatur langsam fällt, werden kleine Wasserwechsel durchgeführt. Sobald die Wassertemperatur dauerhaft unter 10 Grad liegt, wird gar kein Wasser mehr gewechselt. Der Stoffwechsel der Krebse ist dann so langsam, dass sie das Wasser kaum noch belasten, auch, weil sie nur noch minimal Futter zu sich nehmen.
3 Geeignete Räume
Schlecht isolierte Kellerräume, in denen die Raumtemperatur deutlich unter die 10-Grad-Marke fällt, eignen sich zur Zucht, aber auch frostfrei gehaltene Gewächshäuser oder Garagen - eben alles, wo es im Winter wirklich dauerhaft so kalt wird, dass das Wasser in den Aquarien unter 10 Grad kalt bleibt. Beleuchtet werden die Aquarien nicht mit hellen Aquarienleuchten - die Krebse brauchen kein starkes Licht, und die Beleuchtung würde das Wasser nur unnötig aufheizen. Ein schwaches Licht reicht aus.
In besser isolierten Räumen muss man gegebenenfalls auf eine zusätzliche Kühlung durch Aquarienkühler zurückgreifen.
4 Die Paarung
Die Paarung bei den Cambariden ist sehr ruppig, ein wenig erinnert der Akt an eine Vergewaltigung: Das Männchen hält das Weibchen an den Scheren fest, sodass es wehrlos ist. Dann dreht er es auf den Rücken und die Begattung findet statt. Hierbei presst das Männchen seinen Samen in den Annulus ventralis des Weibchens, indem es einen seiner Gonopoden einführt und den anderen als Pumpenkolben benutzt.
Die innerartliche Aggressivität ist bei Krebsen während der Paarungszeit theoretisch herabgesetzt, es kann aber dennoch vorkommen, dass es zu Kämpfen und zu schweren Verletzungen sowohl beim Männchen als auch beim Weibchen kommt. Nach der Paarung werden die Krebse wieder getrennt.
5 Eiansatz und Entwicklung
Haben sich die Tiere erfolgreich gepaart, setzt das Weibchen bis zum Frühjahr Eier an. Keine Regel ohne Ausnahme - es wurden auch schon bereits im Dezember tragende Weibchen gesichtet.
Sind die Eier unbefruchtet, erkennt man dies an ihrer orangenen Farbe. Sie werden nach und nach abgeworfen und vom Weibchen gefressen. Befruchtete Eier sind schwarz und glatt. Verpilzte Eier bekommen Fussel und werden ebenfalls abgeworfen. Ausreichend Huminstoffe im Wasser können einer Verpilzung vorbeugen, dies kann man beispielsweise durch eine Zugabe von Erlenzapfen erreichen.
Es kann jedoch auch bei gesunden Eiern vorkommen, dass das Weibchen sie abwirft oder frisst.
Bei Kaltwasserkrebsen kann man aufgrund der tiefen Wassertemperaturen keine allgemeine Regel über die Dauer der Tragezeit aufstellen, sie ist stark von der Umgebungstemperatur abhängig. Man spricht hier von Tagesgraden, die die Eier brauchen - je wärmer das Wasser, desto schneller geht es. Zu große Temperatursprünge dürfen jedoch nicht sein, sie können zu Schockhäutungen führen und zum Verlust der Eier. Geduld ist angesagt!
6 Schlupf
Ist die Bande dann geschlüpft und haben die kleinen Krebse nach ein paar Tagen die Mutter verlassen, sollten die Jungkrebse zur Aufzucht in ein großes Aquarium mit vielen Versteckmöglichkeiten gesetzt werden oder - noch besser - in die Einzelaufzucht kommen. Auch bei den Jungtieren ist die innerartliche Aggressivität recht hoch, und so kann es auch hier zu Angriffen und zu Kannibalismus kommen. Aus diesem Grund ist gerade bei den seltenen und schwer nachzuziehenden Cambaridenarten eine Einzelhaltung sicherlich auch bei den Jungkrebsen sehr empfehlenswert!
Autor(en)
Katja Overtheil
Co-Autor(en)
Ulli Bauer
Fotos: Chris Lukhaup