Mit „Leitwert“ ist in der Aquaristik die elektrische Leitfähigkeit des Wassers gemeint. Der englische Begriff TDS – Total Dissolved Solids bezieht sich zwar auf alle im Wasser gelösten Feststoffe, also auf alle Ionen, in der Praxis kommen sich die beiden Werte jedoch ziemlich nahe und können ganz grob gleichgestellt behandelt werden.
1 Maßeinheit
Der Leitwert wird üblicherweise in µs/cm (Mikrosiemens pro Zentimeter) angegeben, bei einigen Geräten auch in ppm (parts per million). Die Leitfähigkeit ist ein Maß, das die Gesamtheit an gelösten organischen wie auch anorganischen Stoffen beschreibt. Je mehr Salze also im Wasser gelöst sind, umso höher ist die elektrische Leitfähigkeit des Wassers bzw. je weniger gelöst sind, umso geringer ist die Leitfähigkeit.
Gemessen werden kann der Leitwert mit einem Leitwertmessgerät bzw. TDS-Meter. Für die Aquaristik, vor allem für die Handhabung mit Mineralsalzen, ist ein Gerät mit Angabe in µs/cm vorzuziehen. Einige Geräte zeigen auch beide Messarten an, sie kann man dann jeweils auf die gewünschte Einheit umstellen.
2 Anwendung in der Aquaristik
2.1 Einschätzung des Wassers
Durch die Leitfähigkeit des Wassers erhält man sofort einen groben Überblick über seine Zusammensetzung. Hat es einen hohen Leitwert, liegt dies in der Regel an einer hohen Härte. Es kann jedoch auch vorkommen, dass ein Wasser eine geringe Härte aufweist und dennoch ein hoher Leitwert gemessen wird. Dies begründet sich dann mit der Anwesenheit von nicht härtebildenden Stoffen wie zum Beispiel Nitrat, Nitrit, Phosphat, Kalium oder anderen. Für eine genauere Einschätzung des Wassers ist das Überprüfen mit Tröpfchentests ratsam.
Bei reinem aufbereitetem Wasser, das keine Karbonathärte aufweist oder Nitrat, Nitrit oder Phosphat enthält, entspricht 1 °dGH etwa 33 µs. Ganz reines Wasser ohne Härte leitet keine Elektrizität und hat daher einen Leitwert von Null.
Die Ableitung 1 °dGH = 33 µS kann man jedoch nur bei reinem Wasser ohne Karbonathärte und ohne andere Beimischungen so exakt treffen; in der Praxis ist eine so genaue Rechnung nicht möglich, da die Messung der Leitfähigkeit alle gelösten Stoffe erfasst (also auch Nitrit, Nitrat, Phosphat etc.) und nicht nur die GH. Sie dient im Aquarienalltag lediglich zur groben Abschätzung.
2.2 Indikator für den Wasserwechsel
Mit dem Wasserwechsel versuchen wir, unseren Aquarientieren so konstante Wasserwerte und „saubere“ Wasserverhältnisse wie möglich zu bieten. Ab dem Zeitpunkt des Wasserwechsels bis hin zum nächsten steigt der Leitwert (meist) kontinuierlich mehr oder weniger schnell an. Verschiedene im Wasser gelöste Stoffe werden von den Lebewesen verbraucht, andere werden von ihnen an das Wasser abgegeben. Der steigende Leitwert resultiert meist daraus, dass der Eintrag von Stoffen durch Futter und Ausscheidungen der Tiere (= Eintrag von Phosphat und Nitrat) höher ist als der Verbrauch von Nitrat bzw. Phosphat und Mineralien.
Steigt der Leitwert nun über eine bestimmte Schwelle, kann man dies als ein Zeichen für einen notwendigen Wasserwechsel betrachten, denn die Zunahme resultiert zum größten Teil aus organischer Belastung. Oftmals empfohlene Grenzen sind je nach Art eine Differenz von 50-100µs zur Leitfähigkeit des Wechselwassers. Dieser Ansatz funktioniert für die meisten Aquarien mit normaler Bepflanzung und Besatz.
2.3 Indikator fürs Nachdüngen
Bei stark bepflanzten Becken, bei denen ausreichend Dünger (CO2, die Makronährstoffe NPK – Nitrat, Phosphat, Kalium, Mikronährstoffe) und genug Licht vorhanden ist, ist der Verbrauch der Pflanzen oft so hoch, dass der Leitwert sogar sinkt. Hier kann der Leitwert als Indikator für eine Nachdosierung des Düngers dienen, als Grenzwert für einen Wasserwechsel jedoch nicht.
2.4 Maß für das Aufhärten bzw. Aufbereiten von Wasser
Um die Dosierung zu vereinfachen, ist bei vielen Mineralsalzen die Dosieranleitung auch in µs angegeben. Hier wird reines (Osmose-, vollentsalztes, gefiltertes Regenwasser oder destilliertes) Wasser mit dem Mineralsalz bis zu einer bestimmten µs Angabe aufgehärtet. Dies erleichtert die Dosierung ungemein, da die Messung der Leitfähigkeit in Echtzeit erfolgt.
2.5 Indikator für einen Membranwechsel der (Umkehr-)Osmoseanlage bzw. Wechsel/Regeneration des Ionentauscherharzes
Die elektrische Leitfähigkeit des Osmosewassers kann ebenfalls ein Indikator dafür sein, dass ein Membranwechsel bei einer (Umkehr-)Osmoseanlage fällig ist. Steigt nämlich diese allmählich in Verbindung mit verlangsamtem Durchfluss, ist die Membran dicht und muss ersetzt werden. Ähnliches gilt auch für die Harze eines Vollentsalzers. Steigt der Leitwert des Reinwassers, ist die Ionentauschfähigkeit langsam erschöpft und das Harz sollte getauscht oder falls möglich regeneriert werden.
Autor(en)
Ricardo Castellanos