In einer neuen wissenschaftlichen Studie (Kirchbeck et.al., 2018) wurde das Thema "Blindheit der Orange Eye-Garnele" neu untersucht. Im Hobby hatte es Hinweise gegeben, dass die Tiere blind sein könnten, weil sie auf optische Reize nicht so reagieren wie andere Garnelen. Bei Garnelen mit hellen beziehungsweise orangefarbenen Augen handelt es sich nicht immer um Zuchtformen, es gibt auch Wildformen mit dieser Augenfarbe, zum Beispiel bei Tigergarnelen (Caridina mariae), bei Neocaridina oder bei Caridina hodgarti.
1 Strukturen im Garnelenauge
Bei der histologischen und vergleichenden Untersuchung von OE- und normaläugigen Garnelen konnte man erkennen, dass die wichtigen Strukturen, die zum Sehen nötig sind, bei beiden Varianten gleichermaßen vorhanden sind (Lamina, Medulla, Rhabdome und Lobula bzw. Medulla externalis, internalis und terminalis, Kristallkörper).
2 Strukturen im Orange Eye
Somit sind im Orange Eye alle Strukturen vorhanden, damit das Auge sehfähig ist. Die neurophile Lamina und der Kristallkörper sind z.B. bei Arten, die in Dunkelheit leben und keine Sehfähigkeit benötigen, nur minimal oder teilweise gar nicht vorhanden.
3 Warum sehen OE schlechter?
Und trotzdem gibt es genügend Berichte und auch eine ältere Versuchsreihe von Carsten Logemann mit Blue Tiger mit orangenen Augen (BTOE), die besagen, dass OE-Garnelen nicht sehen können. Woher das kommt, schauen wir uns im Folgenden an.
3.1 Aufbau des Auges bei Garnelen mit dunklen Augen
Die Augen der Garnelen bestehen aus vielen, vielen Einzelaugen (Ommatidien), die wie kleine Kegel aussehen. Zwischen diesen Ommatidien befindet sich eine je nach Lichtverhältnissen minimal oder stark ausgeprägte Schicht des Pigments Melanin. Das dient zur Abschirmung des einzelnen Ommatidiums zu den angrenzenden Einzelaugen, so dass bei starkem Lichteinfluss diese Pigmentschicht verdickt wird, damit die Garnele nicht geblendet wird und weiterhin scharf und klar sehen kann. Im Prinzip funktioniert diese Melaninschicht wie eine Sonnenbrille.
Im Bild oben ist diese Melaninschicht als dunkle Schicht gut zu erkennen.
3.2 Aufbau des Auges bei Garnelen mit OE
Den OE-Garnelen aber fehlt dieses intraommatidiale Pigment. Vereinzelt waren bei der Untersuchung noch Reste nachzuweisen, die aber scheinbar ohne Funktion waren.
Bei der Garnele mit Orange Eyes fehlt die dunkle Schicht nahezu vollständig.
4 Auswirkungen auf das Sehvermögen bei den OE
Das Fehlen der Melaninschicht führt dazu, dass bei hohem Lichteinfluss in den Einzelaugen der OE-Garnele ein Lichtüberschuss in allen Einzelaugen entsteht - ein Blendeffekt entsteht. Dadurch ist das Bild, das sie sieht, zwar sichtbar, aber sie kann die Strukturen nicht mehr scharf erkennen. Es entspricht in etwa unserem Sehvermögen bei Dämmerlicht oder extremer Sonneneinstrahlung in unsere Augen. Auch wir können dann Strukturen nicht mehr glasklar scharf erkennen.
Ist der Lichteinfluss allerdings sehr niedrig, ist das fehlende Pigment den OE-Garnelen ein Vorteil. Dadurch werden alle Ommatidien gleichzeitig mit deutlich mehr Restlicht versorgt, was die Lichtausbeute stark erhöht und können hierdurch bei wenig Licht ein klares Bild erschaffen. Die OE-Garnelen sehen demnach bei Dunkelheit deutlich besser.
5 Fazit
Bei starkem Lichteinfluss können die OE-Garnelen zwar auch sehen, aber die Sehschärfe ist eingeschränkt. Bei Dunkelheit sehen sie dafür umso schärfer. Will man den Tieren etwas gutes tun, empfiehlt es sich daher, ein Aquarium mit OE-Garnelen nicht übermäßig grell zu beleuchten oder es mit Schwimmpflanzen etwas abzudunkeln.
Autor(en)
Melanie Kirchbeck
Fotos: Melanie Kirchbeck