Das rezeptpflichtige Panacur ist ein Anthelminthikum, also ein Entwurmungsmittel, und kommt aus der Veterinärmedizin. Der Wirkstoff in Panacur ist Fenbendazol.
1 Wie wirkt Panacur / Fenbendazol?
Der Wirkstoff von Panacur, Fenbendazol, gehört zu der Wirkstoffgruppe der Imidazole. Fenbendazol hemmt die Polymerisation des Strukturproteins Tubulin zu den röhrenförmigen Mikrotubuli, die Bestandteil des Zellskeletts oder Zytoskelettes der Würmer sind. Dadurch werden die Würmerzellen instabil, und die Nährstoffaufnahme ist gestört. In der Folge erschöpfen sich die Energiereserven des Wurmes, und er stirbt ab. Dieser Vorgang kann 2-3 Tage dauern.
Fenbendazol beziehungsweise Panacur wirkt nicht nur gegen Planarien und Saugwürmer (Scutariella) sowie auf Krebsen der Gattung Cherax aufsitzende Temnocephaliden und Hydren im Aquarium, sondern auch gegen Nematoden, Spulwürmer, Hakenwürmer, Giardien und Bandwürmer. Panacur hat insbesondere auch eine abtötende Wirkung auf die Eier von Nematoden.
2 Woher bekommt man Panacur?
Da Panacur rezeptpflichtig ist, muss man es zwingend beim Tierarzt holen. Das Wurmmittel hat zwar keine behördliche Zulassung für die Verwendung im Aquarium, jedoch kann der Tierarzt das Medikament jederzeit auch für die Verwendung im Aquarium umwidmen. Panacur gibt es in Tablettenform, als Paste und auch flüssige Suspension.
3 Wie dosiere ich?
Da Panacur nicht für die Anwendung im Aquarium zugelassen ist, gibt es auch keine offizielle Dosierungsanleitung für aquaristische Zwecke, die auf veterinärmedizinischer Forschung beruhen würde. Alle Dosierungsempfehlungen, die man im Internet findet, beruhen auf Versuch und Irrtum von Laien, daher weichen sie meist auch geringfügig voneinander ab. In der Folge beschreiben wir die Dosierungsanleitung, die sich bei uns in der Praxis bewährt hat.
Zur Bekämpfung von Planarien oder Hydra im Aquarium und auch von Saugwürmern auf den Garnelen, Temnocephaliden bei Krebsen und Kiemenwürmern bei Fischen dosiert man 0,5 bis 1 mg Fenbendazol je 1 Liter Aquarienwasser. Achtung: diese Mengenangabe bezieht sich auf den reinen Wirkstoff!
Panacur gibt es für Hunde, Katzen, Pferde, Schafe, Schweine, Rinder etc. pp., und die Darreichungsformen und die Wirkstoffkonzentrationen in den einzelnen Mitteln unterscheiden sich stark, also Augen auf und die Packungsbeilage genau lesen!
4 Aufbereitung fürs Aquarium
Panacur ist nicht wasserlöslich, daher muss man eine Suspension herstellen, wenn man es im Aquarium anwenden möchte. Dazu gibt man die abgemessene oder abgewogene Paste oder die zerstoßene, abgewogene Tablette in einen dicht schließenden Becher mit Deckel und fügt ein wenig lauwarmes Wasser hinzu. Gut verschließen und kräftig schütteln, sodass sich das Medikament ordentlich im Wasser verteilt.
4.1 Einfacher Trick zur Dosierung von Panacur
Wer keine Feinwaage hat und das Panacur also nicht milligrammgenau abwiegen kann, greift zu einem einfachen Trick: Man löst die Tablette oder die Paste in genau so viel Wasser in Milliliter auf, wie Milligramm Fenbendazol enthalten sind. Hat man also beispielsweise eine Tablette mit 250 mg Wirkstoff, so zerreibt man sie fein und verrührt das Pulver in 250 ml lauwarmem Wasser, eine Tablette mit 500 mg Wirkstoff dann entsprechend in 500 ml. Bei der Paste schaut man, wie viel Fenbendazol in einer Einheit vorhanden ist - sind es beispielsweise 50 mg, nimmt man 50 ml Wasser. Gut schütteln. Von dieser Suspension kommt dann 1 ml pro Liter Aquarieninhalt ins Becken.
Bitte achte darauf, dass du Panacur nicht überdosierst, aber auch nicht unterdosierst. Bei Überdosierung kann es zu Deformierungen bei deinen Garnelen kommen, bei Unterdosierung überleben einige Planarien und entwickeln dann Resistenzen auf das Mittel.
5 Nebenwirkungen im Aquarium
5.1 Bei Garnelen
Bei starker Überdosierung kann Panacur Nebenwirkungen auf Garnelen haben, die Tiere zeigen dann Deformationen im Kopfbereich, die aussehen, als wären sie mit Karacho gegen die Scheibe geschwommen. Auch bei Normaldosierung kann Panacur (muss nicht zwingend) zu einer Vermehrungspause bei Garnelen führen. Von Krebsen wird Panacur in der Regel gut vertragen.
5.2 Bei Schnecken
Panacur hat nicht nur eine tödliche Wirkung auf Planarien, sondern auch auf viele Aquarienschnecken. Malaiischen Turmdeckelschnecken, Genoppten Turmdeckelschnecken, Blasenschnecken und Posthornschnecken schadet die Behandlung nicht. Alle anderen Aquarienschnecken wie Apfelschnecken, Tylomelania, Nixenschnecken (Rennschnecken, Napfschnecken und Geweihschnecken), Brotia, Pianoschnecken und so weiter überleben eine Behandlung mit Panacur nicht! Da sich Panacur nicht im Wasser löst, setzt sich das Medikament während der Behandlung im Bodengrund ab. Hier wird es nicht gut abgebaut, es kann daher auch noch nach Monaten neu ins Aquarium gesetzte Schnecken töten. Berichten zufolge können Schnecken bis zu sechs Monate nach einer Panacur-Behandlung noch sterben. Der Bodengrund muss daher entweder wiederholt sehr gut abgesaugt oder gleich ganz ausgetauscht werden, bevor die auf Panacur empfindlichen Schnecken wieder in ein solcherart behandeltes Becken zurück dürfen.
Erfahrungen aus der Aquaristik zeigen, dass auch die Fruchtbarkeit von Schnecken, die Panacur eigentlich überleben, durch das Mittel beeinträchtigt sein kann. So wurde in behandelten Aquarien beobachtet, dass Posthornschnecken und Blasenschnecken zwar weiterhin Gelege ablegten, die Eier sich jedoch nicht entwickelten. Die betroffenen PHS wurden in ein nicht behandeltes Aquarium umgesetzt und legten nach zwei Wochen dort wieder fruchtbare Gelege ab. Bei Turmdeckelschnecken wurde in den behandelten Aquarien eine etwas verminderte Aktivität beobachtet. In den behandelten Aquarien vermehrten sich die Schnecken nach gründlichem, mehrfachem Abmulmen des Bodengrundes ebenfalls wieder, was nahelegt, dass es sich bei der vorübergehenden Unfruchtbarkeit tatsächlich um eine Folge der Panacur-Behandlung gehandelt haben könnte.
6 Vorbereitung auf die Behandlung
6.1 Schnecken absammeln
Bitte beachte, dass Wasserschnecken Planarien in ihrem Mantelgewebe beherbergen können, manchmal legen Planarien auch ihre Eier in der Schnecke ab. Vor der Behandlung aus dem Aquarium abgesammelte Schnecken dürfen nicht in behandelte Becken zurückgesetzt werden, um eine Wiedereinschleppung von Planarien zu vermeiden.
6.2 Planarien fangen
Vor der Behandlung sammelt man nicht nur alle Schnecken ab, für die Panacur tödlich wäre. Es ist ebenfalls sinnvoll, die Planarien zuvor ebenfalls zu dezimieren. Dazu eignet sich der Einsatz einer Falle. Tut man dies nicht und sterben die Würmer massenweise ab, kann es zu Problemen mit den Wasserwerten kommen!
6.3 Aktivkohle entfernen
Stelle vor der Behandlung sicher, dass du keine Aktivkohle in deinem Aquarienfilter hast - sie würde den Wirkstoff sofort wieder aus dem Wasser ziehen.
6.4 Sprudelstein oder ähnliches vorbereiten
Das Aquarium sollte während der Behandlung mit einem Sprudelstein, einem Oxydator oder etwas ähnlichem mit zusätzlichem Sauerstoff versorgt werden, um einem Sauerstoffmangel vorzubeugen. Die abgestorbenen Würmer werden von Bakterien verstoffwechselt, und die benötigen Sauerstoff.
7 Vorgehensweise
Das Gemisch von Wasser und Panacur wird dann ins Aquarium gegeben. Achte darauf, dass sich die Suspension gleichmäßig verteilt und stochere auch den Bodengrund mit einem Schaschlikspieß oder etwas ähnlichem durch, damit auch die Planarien, die im Boden sitzen, vom Panacur erwischt werden.
Nach etwa 2-3 Tagen solltest du eine deutliche Verringerung der Anzahl der Planarien im Aquarium sehen. Nach 5 Tagen wechselst du ca. 50% Wasser und mulmst den Bodengrund sehr gründlich durch. Bei einer starken Wassertrübung oder wenn die Tiere im Aquarium sich seltsam verhalten, kann ein früherer Wasserwechsel nötig werden. Nach diesem Wasserwechsel gibst du nochmals Panacur ins Aquarium, dieses Mal nur die halbe Dosis (weil du mit dem Wasserwechsel genau diese halbe Dosis entfernt hast).
Warte nochmals 5 Tage ab und wechsle dann wieder ca. 50% des Aquarienwassers. Auch jetzt solltest du den Bodengrund nochmals sehr gründlich absaugen und durchmulmen. Nun brauchst du nicht mehr nachzudosieren. Du kannst nun entweder über Aktivkohle filtern und das Panacur im Wasser damit entfernen, es ist aber ebenfalls möglich, dass du das Medikament einfach durch die normalen Teilwasserwechsel entfernst. Beim Wasserwechsel solltest du jeweils den Bodengrund gut reinigen, da sich hier Panacur absetzt.
Dieses Wechselwasser solltest du wegen der Förderung von Resistenzen jedoch nicht einfach in den Abfluss kippen - es ist besser, das Wasser so zu entsorgen, dass es nicht in den Abwasserkreislauf gerät oder vorher gründlichst über Aktivkohle zu filtern. Die Aktivkohle sättigt sich allerdings mit der Zeit und muss daher häufig getauscht werden, damit sie wirkungsvoll bleibt. Sie wird im Hausmüll entsorgt.
Wie in unserem Wiki-Artikel für das Antibiotikum Baytril beschrieben kann es sinnvoll sein, das Panacur-haltige Wechselwasser weitab von natürlichen Wasserläufen oder Abwasserschächten einfach auf die Erde zu gießen. Hier wird es nach und nach von Bodenbakterien abgebaut und kann dann keinen Schaden mehr anrichten.
8 Nachbehandlung
Panacur zerstört nicht alle Planarieneier, daher solltest du unbedingt nach 2 bis 3 Wochen nochmals nach der obigen Anleitung behandeln, um auch die Planarien zu erwischen, die in der Zwischenzeit geschlüpft sind.
9 Alternative zu Panacur
Es gibt mittlerweile schon gegen Panacur resistente Planarienstämme und auch Stämme von Saugwürmern. Wenn also die Panacurbehandlung nicht anschlagen sollte, muss man auf ein anderes Mittel ausweichen. Alternativ hat sich Flubenol mit dem Wirkstoff Flubendazol bewährt - allerdings ist Flubenol für sämtliche Aquarienschnecken tödlich giftig.
Autor(en)
Ulli Bauer
Fotos: Chris Lukhaup