Als Stickstoffkreislauf bezeichnet man die ständig laufenden Umwandlungen des Stickstoffs (N) in der Umwelt, d. h. in der Atmosphäre, in Gewässern, dem Erdboden und in Biomasse.
1 Stickstoffkreislauf im Aquarium
Am Stickstoffkreislauf im Aquarium sind hauptsächlich organische Einträge / Abfälle und Harnstoff (Urea, CH4N2O), Ammonium (NH4) bzw. Ammoniak (NH3), Nitrit (NO2) und Nitrat (NO3) beteiligt. Um den „kleinen“ Kreislauf im Aquarium besser zu verstehen, empfiehlt sich ein Blick auf die Mechanismen, wie sie in der Natur funktionieren - beginnend mit dem Stoffwechsel der Pflanzen, über den der Tiere bis hin zu dem der Bakterien.
2 Pflanzen - die Produzenten
Die Pflanzen sind Produzenten von Stickstoffverbindungen, sie können mineralische (praktisch tote) Bestandteile mithilfe der Photosynthese in organische Substanzen umwandeln. Damit bilden sie die Basis für alle Konsumenten, denn sie sind in der Lage, alle wichtigen Nährstoffe herzustellen, die den anderen Lebewesen als Nahrung dienen. Ein wichtiger Nährstoff für die Pflanze ist hierbei Stickstoff (N), der dem Stickstoffkreislauf seinen Namen gibt. Mit Hilfe dieses Elements sind sie in der Lage, Eiweiße herzustellen, welche in weiterer Folge den Menschen und Tieren zur Verfügung stehen.
3 Verbraucher - die Konsumenten
Als Konsumenten werden jene Lebewesen bezeichnet, die nicht in der Lage sind, ihre Nahrung selbst zu erzeugen (nicht autotroph). Sie müssen sich der Arbeit anderer bedienen.
Konsumenten erster Ordnung nehmen Eiweiß (welches sich immer durch eine Stickstoffgruppe auszeichnet) durch das Fressen von Pflanzen bzw. Algen auf, das dann über die Nahrungskette weitergereicht wird, bis es in der Futterdose fürs Aquarium landet. Unsere Aquarientiere verstoffwechseln das mit dem Futter aufgenommene Eiweiß. Hierbei entsteht als Abfallstoff bzw. als Ausscheidung Harnstoff. Harnstoff (CH4N2O) beinhaltet wiederum den ursprünglich von den Pflanzen in Eiweiß umgewandelten Stickstoff. Dieser Harnstoff wird im Aquarium von den Tieren an das Wasser abgegeben und steht nun für die weiteren Prozesse bereit.
4 Die Arbeit der Bakterien
Nun beginnt der in der Aquaristik meistbekannte Part: die Arbeit der Bakterien.
Er ist wohl auch deshalb so bekannt, da mit diversen Bakterienpräparaten geworben wird, die diesen Abschnitt des „aquaristischen“ Stickstoffkreislaufs beschleunigen oder verbessern können. Organische Stickstoffverbindungen (Pflanzenreste, Futterreste, Kot, etc.) werden von Bakterien (Destruenten) mineralisiert. Dadurch wird das z.B. durch Photosynthese vorher gebundene Kohlendioxid (CO2) und der Stickstoff als Ammonium freigesetzt (Mineralisation). Harnstoffzersetzende Bakterien sind dafür zuständig, dass der Harnstoff/Urea weiterverarbeitet und in Ammonium (wenn der pH kleiner als ~7 ist) bzw. Ammoniak (anteilig steigend, wenn der pH größer als ~7 ist) umgewandelt wird. Mit dieser Form des Stickstoffs beginnt auch die sogenannte „Nitrifikation“.
5 Die Nitrifikation
5.1 Ammonium/Ammoniak zu Nitrit
Die Nitrifikation beschreibt den Teil des Stickstoffkreislaufs, bei dem durch bakterielle Oxidation Ammonium (NH4) oder Ammoniak (NH3) über Nitrit (NO2) in Nitrat (NO3) umgewandelt wird. Dabei ist eine Vielzahl von Bakterien beteiligt. Diese werden der Aufgabe nach namentlich unterschieden. Die für den ersten Teil, nämlich die Umwandlung von Ammonium/Ammoniak in Nitrit, beginnen im Namen mit Nitroso- und werden auch als Nitritbakterien bezeichnet (beispielsweise Nitrosomonas, Nitrosococcus und Nitrosospira). Alle Vertreter dieser Gruppe sind aerob, d. h. sie benötigen für diesen Prozess Sauerstoff.
5.2 Nitrit zu Nitrat
Im zweiten Teil folgt die Umwandlung (Oxidation) von Nitrit zu Nitrat; die Bakterien dieser Gruppe beginnen mit Nitro- und werden auch als Nitratbakterien bezeichnet. Auch diese sind aerob und brauchen Sauerstoff für diesen Prozess; Beispiele für solche Bakterien sind Nitrobacter, Nitrolancetus, Nitrospina, Nitrospira und Nitrococcus.
Schlussendlich ist damit der Kreis geschlossen, der Stickstoff in Form von Nitrat (NO3) steht den Pflanzen wieder zur Verfügung und der Kreislauf kann von neuem beginnen.
6 Der Nitrit-Peak
Der Stickstoffkreislauf ist mitunter eines der ersten Themen, mit denen ein Neueinsteiger in die Aquaristik konfrontiert wird; oft mit einem mahnenden Hinweis auf die Beachtung der „Einlaufphase“, in der sich die Bakterien ansiedeln, vermehren und ihre Tätigkeit im Stickstoffkreislauf übernehmen. Auch spricht man oft vom „Nitrit-Peak“, der auftritt, wenn die Population der nitrifizierenden Bakterien (Nitrobacter) noch nicht genug angewachsen ist, um das aus dem Abbau von Ammonium/Ammoniak entstehende Nitrit vollständig abzubauen; eine Anreicherung findet statt. Nur wenn genausoviel Nitrit entsteht wie die Bakterien zu Nitrat umwandeln können, ist dieser „Peak“ nicht messbar, was aber nicht heißt, dass die Bakterienpopulation der Belastung durch Tierbesatz auch gewachsen wäre. Besonders wichtig ist eine lange Einlaufzeit bei „bakterienfeindlichem“ Milieu wie z. B. einem niedrigen pH-Wert, also saurem Wasser, oder bei einem sehr hohen pH. Hier brauchen die verschiedenen Bakterienstämme jeweils mehr Zeit, um sich zu vermehren. Eine Einfahrzeit von mindestens 3-4 Wochen ist dann üblich.
6.1 Schrittweiser Erstbesatz
Auch ist es ratsam, das Aquarium nicht sofort mit der kompletten Anzahl an Tieren zu besetzen, sondern langsam über mehrere Tage / Wochen hinweg Tiere hinzuzusetzen, damit sich die Bakterien an die steigende Belastung anpassen können. Idealerweise beginnt man zunächst mit Schnecken, setzt dann, wenn das biologische System wieder stabil läuft, beispielsweise unempfindlichere Garnelen wie Neocaridina davidi oder Amanogarnelen (Caridina multidentata) dazu und wenn dann immer noch alles im Lot ist, können Fische eingesetzt werden (falls Fische im Aquarium gewünscht werden). Auch bei Fischen setzt man zunächst beispielsweise Welse ein und später dann die Schwarmfische wie Neons und so weiter.
7 Bakterienpräparate
Filter-Starter und Bakterienpräparate sind nur dann sinnvoll, wenn auch genug Nahrung für die hier enthaltenen Bakterien vorhanden ist. Bei einem frisch aufgesetzten Becken ist dies oft nicht der Fall, die zugegebenen Bakterien sterben aufgrund des Nahrungsmangels einfach ab. Oft reicht es, mit einer Futterflocke als Bakteriennahrung das Wachstum ein wenig anzukurbeln.
In einem Zuchtbecken mit starker Fütterung kann zusätzlich zu häufigem Wasserwechsel auch die regelmäßige Anwendung von Bakterienpräparaten sinnvoll sein, da Nahrung im Überschuss vorhanden ist und die Bakterien dabei behilflich sein können, die für die Tiere (vor allem für Jungtiere) riskanteren Stickstoffverbindungen rasch in das relativ ungefährlichere Nitrat umzuwandeln. Dies gilt insbesondere für kleine Becken.
Aufgrund des hohen Marktpotenzials gibt es beinahe von jeder Marke in der Aquaristik ein Bakterienprodukt. Bekannt sind Produkte von Dennerle, JBL, Tetra und weitere. Besonders bewährt haben sich Bakterienprodukte von Microbe Lift, deren Besonderheit nicht nur die Art der Bakterien, sondern auch die Anzucht der Bakterien in der Verkaufsflasche ist. Sie erreichen den Konsumenten aktiv und lebendig.
Autor(en)
Ricardo Castellanos