Kleinlibellenlarven

Zygoptera

Kleinlibellenlarven leben im Wasser. Sie sind die Larvenstadien von Kleinlibellen (Zygoptera), einer Unterordnung der Libellen (Odonata). Zu den Kleinlibellen gehören die Prachtjungfern, die Teichjungfern, die Federlibellen und die Schlanklibellen. Kleinlibellen legen ihre Flügel - anders als Großlibellen - in der Ruhe entlang des Körpers. Ihre Augen berühren sich in der Kopfmitte nie.

Kleinlibellenlarven findet man von Zeit zu Zeit im Aquarium. Sie sind gefährliche Räuber, die teilweise sogar ausgewachsene Garnelen nicht verschonen. Obwohl auch heimische Arten in unseren Aquarien auftauchen, handelt es sich in den allermeisten Fällen um asiatische Libellen, deren Gelege mit Importpflanzen ins Aquarium gelangen. Um wachsen zu können, müssen sich Kleinlibellenlarven regelmäßig häuten, sie durchlaufen je nach Art 7-13 verschiedene Stadien.

Kleinlibellenlarven sind nachtaktiv. Sie leben versteckt in den Pflanzen, und durch ihre Färbung sind sie meist gut getarnt. Häufig bleiben Libellenlarven im Aquarium deshalb unbemerkt. Findet ihr angebissene tote Garnelen oder kommt es im Garnelenaquarium zu rätselhaften Verlusten, liegt der Verdacht auf Libellenlarven nahe. Dann leuchtet man am besten nachts mit einer Taschenlampe ins Aquarium. Häufig fallen dann die nachtaktiven Larven auf. Manchmal bemerkt man allerdings auch erst, dass man eine Libellenlarve im Aquarium hatte, wenn man die fertige Libelle unter der Abdeckung oder im Zimmer entdeckt.

Kleinlibellen durchlaufen kein Puppenstadium - die Libellenlarve verlässt das Wasser vor der letzten Häutung, und wandelt sich direkt in die Imago um.

1 Aussehen und Vorkommen

Kleinlibellenlarven erinnern auf den ersten Blick an eine Eintagsfliegenlarve. Anders als diese besitzen Libellenlarven jedoch niemals Tracheenkiemen am Körper, ihr Hinterleib ist glatt. Auch die Kopfform ist anders. Kleinlibellen haben blattförmige bis dick fadenförmige Kiemenanhängsel am Körperende - meist drei an der Zahl. Der in Segmente aufgeteilte Körper ist relativ langgestreckt, am Bruststück sitzen sechs Beine. Die Augen sind relativ groß, und an der Unterseite des Kopfes sitzt eine Fangmaske. Der Kopf ist deutlich vom Körper abgesetzt. Kleinlibellenlarven im Aquarium werden bis ca. 3 cm lang. Sie sind von hellgrün über fast weißlich bis braun oder fast schwarz gefärbt, manche Arten haben ein Streifen- oder Punktmuster. Ältere Larvenstadien der Kleinlibellen haben manchmal einen Flügelansatz auf dem Rücken am Brustschild.

Die korrekte Artbestimmung bei den Kleinlibellenlarven ist schwierig, in der Regel braucht man dazu ein Mikroskop - vor allem die asiatischen Arten sind nicht einfach zu unterscheiden. Kleinlibellen findet man praktisch weltweit in gemäßigten bis tropischen Klimazonen im Süßwasser. Durch die Aquaristik und hier vor allem durch im Ausland gezogene Wasserpflanzen wurden nicht heimische Arten eingeschleppt. In Deutschland gibt es rund um verschiedene Wasserpflanzengärtnereien nachweislich etablierte Populationen nicht heimischer Libellenarten.

2 Nahrung und Fressverhalten

Kleinlibellenlarven sind Jäger und ernähren sich von aquatischen Kleinlebewesen: Insektenlarven, Wasserinsekten, Kleinkrebsen, Würmern, Schnecken etc. Kleinlibellenlarven gehen mit zunehmender Größe auch an ausgewachsene Garnelen und an sehr junge Krebse.

Sie können die Fangmaske am Unterkiefer in Sekundenbruchteilen nach vorne klappen und so ihr Beutetier schlagen.

2.1 Problematik im Wirbellosenaquarium

Die Libellenlarven der Kleinlibellen leben räuberisch. Sie können junge oder frisch gehäutete Garnelen angreifen und mit zunehmender Größe auch größeren Garnelen und kleinen Jungkrebsen gefährlich werden.

3 Fortbewegung

Kleinlibellenlarven schwimmen schlängelnd und überraschend schnell und geschickt. Sie krabbeln zudem am Boden und an Oberflächen.

4 Fortpflanzung

Die Weibchen der Kleinlibellen legen je nach Art entweder ihre Eier lose im Wasser ab oder stechen ihre Gelege in das Gewebe von Wasserpflanzen ein. Libellenlarven selbst können sich im Aquarium nicht fortpflanzen.

5 Wie kommt die Libellenlarve ins Aquarium?

Wenn sich nicht gerade eine Kleinlibelle ins Zimmer verirrt und im Aquarium ihre Eier abgelegt hat - was eher nicht so häufig passiert -, gelangen Kleinlibellenlarven heimischer Arten zusammen mit in Freilandgewässern gesammelter Dekoration oder Pflanzen oder mit Tümpelfutter aus der Natur ins Aquarium. Sehr selten und immer in Abhängigkeit von der Jahreszeit kann man sich sogar lebende Larven der sogenannten Frühlingslibellen wie der Frühen Adonislibelle (Pyrrhosoma nymphula) mit Frostfutter ins Aquarium einschleppen. Diese Libellen überwintern im Larvenstadium. Die Larven sind recht frostresistent, und so kann es vorkommen, dass eine im Frostfutter befindliche Libellenlarve nach dem Auftauen zu krabbeln beginnt.

Die asiatischen Arten dagegen holt man sich in der Regel mit gekauften Wasserpflanzen ins Haus. In asiatischen Wasserpflanzengärtnereien stechen die Libellenweibchen ihre Gelege ins Pflanzengewebe der dort kultivierten Aquarienpflanzen. So sind sie vor äußeren Einflüssen bestens geschützt und werden von der immer noch üblichen Pestizidbehandlung vor dem Export nicht erfasst.

6 Überlebenstechniken

Die nachtaktiven Libellenlarven von Kleinlibellen sind gut getarnt und verstecken sich perfekt, auch im Aquarium.

7 Libellenlarven fangen

Alles, was Libellenlarven frisst, würde auch Garnelen fressen, daher sind Fressfeinde im Aquarium mit Zwerggarnelen gegen Kleinlibellenlarven keine Option. Kupferhaltige Präparate und ähnliche giftig wirkende Präparate sind nicht nur für Libellenlarven, sondern auch für die Garnelen im Aquarium schädlich - auch keine Option für ein Aquarium mit Wirbellosen. Absammeln ist auch bei Kleinlibellenlarven daher das Mittel der Wahl, es kann allerdings vor allem in gut bepflanzten Aquarien zu einem wahren Geduldsspiel werden.

Einfacher wird diese Aufgabe, wenn man ausnutzt, dass Libellenlarven nachtaktiv sind. Leuchtet man bei Dunkelheit mit einer Taschenlampe ins Aquarium, kann man die Larven recht gut erkennen und sie vorsichtig abkeschern.

7.1 Libellenlarven aussetzen?

Alle heimischen Libellenarten sind streng geschützt. Stammen die Kleinlibellenlarven ganz sicher aus der Natur, kamen sie also mit Tümpelfutter oder Naturdeko ins Aquarium, solltet ihr sie wieder dorthin zurückbringen, woher sie ursprünglich kamen.

Nicht heimische Arten dagegen dürfen keinesfalls in die Natur entkommen. Diese Arten "fängt" man sich gerne mit konventionell erzeugten Wasserpflanzen ein. Lediglich bei In-Vitro-Pflanzen fürs Aquarium ist es ausgeschlossen, dass man Libellenlarven ins Aquarium holt. Manche Neozoen können unsere heimischen Arten verdrängen, daher gilt hier ein absolutes Aussetzungsverbot. Die Bestimmung von Libellenlarven ist nicht einfach, sie ist Fachleuten vorbehalten. Im Zweifel sollte man daher im Aquarium gefundene Kleinlibellenlarven als nicht heimische Art behandeln.

7.1.1 Rechtliches

Das Thüringer Landesverwaltungsamt Referat 410 | Naturschutz traf am 11.04.14 folgende Aussage: Es gibt unter den asiatischen Libellen keine besonders geschützten Arten, weder bezogen auf CITES noch auf die EU-Artenschutzverordnung. Des weiteren teilte das Amt mit, dass sich das naturschutzrechtliche Tötungsverbot im Bundesnaturschutzgesetz nur auf wild lebende Tiere beziehe. Selbst Larven heimischer Libellenarten im Aquarium seien streng genommen nicht als wild lebend zu bezeichnen - sie befänden sich in menschlicher Obhut, und daher bestünde nach den einschlägigen naturschutzrechtlichen Bestimmungen kein Tötungsverbot für Libellenlarven, die man beim Kauf von Aquarienpflanzen unwissentlich mit erwirbt.

Das Bundesamt für Naturschutz gab am 10. Mai 2012 durch den Referatsleiter Rechtsangelegenheiten Artenschutzvollzug, I.1.3 die Auskunft, dass insbesondere bei nicht-europäischen Libellenarten, die sich im Aquarium entwickelt hätten, eine Tötung gerechtfertigt sein kann, um die heimische Fauna zu schützen.

7.2 Was tun mit den Libellenlarven?

Im Aquarium gefundene Libellenlarven von Kleinlibellen, die keiner bei uns heimischen Art angehören, dürfen auf keinen Fall in die Natur entlassen werden. Sie können für heimische Libellen eine ernsthafte Gefahr darstellen. Auch geschlüpfte nicht heimische Libellen dürfen nicht ausgesetzt werden.

Eine Möglichkeit wäre, die Libellenlarven in einem separaten Becken groß werden zu lassen. Man kann sie mit Mückenlarven, Würmern und anderem Lebendfutter füttern. Die geschlüpften Libellen können in einem Terrarium gehalten werden.

Wer diese Möglichkeit nicht hat, kann sich beispielsweise über ein Naturkundemuseum oder in entsprechenden Gruppen auf Facebook nach Libellenfreunden erkundigen, die bei uns nicht heimische Libellen aufnehmen und so halten können, dass sie nicht in die Natur entkommen.

Wenn man auch diese Möglichkeit nicht hat, sollten die Libellenlarven abgetötet werden. Das sollte möglichst schnell vor sich gehen. Neben Erschlagen ist das Abtöten in Salz-Eiswasser eine Möglichkeit. Hierfür wird Kochsalz in warmes Wasser gegeben, bis sich kein Salz mehr löst und man Salzkristalle am Boden des Gefäßes sieht. Das Salzwasser stellt man ins Tiefkühlfach. Die konzentrierte Salzlösung gefriert nicht, erreicht aber bis -18°C. Gibt man sie in dieses Wasser, wird die Libellenlarve umgehend schockgefrostet.

 

Autor(en)

Ulli Bauer

Fotos: Simona Thurner, Angela Pruzina

Quelle

Kipping, J. (2006): Globalisierung und Libellen – Verschleppung von exotischen Libellenarten nach Deutschland (Odonata: Coenagrionidae, Libellulidae). – Libellula 25 (1/2), S. 109-116