1 Die Insel Sulawesi
Die indonesische Insel Sulawesi ist vulkanischen Ursprungs, gelegen zwischen Borneo und Neuguinea. Hier treffen sich der Pazifik, der Indische Ozean und das Sulawesimeer. Auf Sulawesi herrschen tropische Temperaturen, die Niederschlagsmenge ist hoch, was den Wuchs von dichtem Regenwald begünstigt. Auf der Insel Sulawesi gibt es große Seen und Seensysteme. Besonders erwähnenswert sind der Pososee und das Malili-Seensystem, bestehend aus den Seen Matano, Towuti, Lontoa, Mahalona und Masapi.
Die Unterwasserlandschaft in den Seen war und ist teilweise noch geprägt vom vulkanischen Ursprung der Insel: Das Substrat ist steinig, das Wasser extrem sauber und nährstoffarm, daher gibt es nur wenige höhere Pflanzen.
Die Insel Sulawesi war während ihrer ganzen geologischen Geschichte vollkommen isoliert und weder mit dem asiatischen noch mit dem australischen Kontinent verbunden. Aus diesem Grund konnte sich hier eine ganz eigene endemische Flora und Fauna entwickeln. Viele der dort vorkommenden Lebewesen sind nur auf der Insel heimisch. Umso fataler sind schädliche Umwelteinflüsse - die faszinierenden Süßwassergarnelen, Fische und Krabben würden für immer verschwinden, wenn ihre Habitate sich stark verändern.
Die ersten Sulawesigarnelen wurden im Jahr 2006 importiert und bereichern seither die aquaristische Wirbellosenszene um zahlreiche Arten der Gattung Caridina.
2 Der Pososee
Der Danau Poso oder Pososee in Zentralsulawesi ist der drittgrößte See Indonesiens. Er ist kein Teil des Malili-Seensystems, sondern liegt ein Stück nordwestlich. Zum Malilisystem besteht keine Verbindung. Der Pososee wird durch den Posofluss entwässert, der nach einer Länge von etwa 100 km in der gleichnamigen Küstenstadt Poso im Golf von Tomini ins Meer mündet, nämlich in die Molukkensee.
Im Pososee findet sich eine auffallend große Artenvielfalt der Schneckengattung Tylomelania. Berühmt sind die wilden Orchideen entlang der Seeufer. Der Pososee selbst ist geprägt durch weitgehende Pflanzenlosigkeit.
Entlang der Ufer liegen ins Wasser gefallene Urwaldriesen, der Seeboden selbst ist überwiegend steinig und besteht aus Geröll und größeren Felsbrocken. Sandige oder lehmige Stellen kommen vor, sind aber weniger häufig.
Zahlen, Daten, Fakten
- Tiefe: bis ca. 450m
- Fläche: 323,2 km2
- Temperatur: 27,7 °C
- pH-Wert: 8,1
- Gesamthärte: 5 °dGH
- Karbonathärte: 4 °dKH
- Leitwert: 107 µS
Vorkommende Garnelenarten: Caridina caerulea, Caridina ensifera, Caridina longidigita, Caridina acutirostris, Caridina sarasinorum, Caridina schenkeli, Caridina sp. "Tigri", Caridina sp. „White Orchid“
3 Das Malili-Seensystem
Das Malili Seensystem besteht aus fünf miteinander verbundenen Seen. Es wird durch den Larona-Fluss entwässert, der im Westen in der Bone Bay ins Meer mündet. Das Seensystem ist nach der Provinz Malili benannt, in der es sich befindet. Die Seen sind durch einen Grabenbruch entstanden, ähnlich wie die ostafrikanischen Grabenbruchseen. Ihr Alter wird auf eine bis vier Millionen Jahre geschätzt - daher auch der Name Alte Seen.
Auch in den Alten Seen gibt es fast keine Wasserpflanzen oder höheren Algen. Das Wasser wurde früher als extrem klar und sehr nährstoffarm (ultraoligotroph) beschrieben. Die Wassertemperatur ist bis in tiefe Wasserschichten hoch. Entlang der Uferzonen sieht man häufig ins Wasser gefallene Urwaldbäume, der Seeboden selbst ist wie im Pososee überwiegend felsig. Das Geröll besteht aus kleinen bis sehr großen Felsbrocken. Sandige Stellen oder Stellen mit Detritus finden sich ebenfalls in der Uferzone.
Die fünf Seen des Malilisystems sind:
- Danau Matano
- Danau Mahalona
- Danau Towuti
- Danau Lontoa
- Tapara Masapi
Der Matanosee speist sich ebenso wie die anderen Seen aus zahllosen Urwaldbächen. Der See liegt am weitesten nördlich und ist durch den Petea River mit dem Mahalonasee verbunden. Der wiederum ist durch den Tominanga River mit dem Towutisee verbunden. Dank dieser Verbindung durch die Flüsse kommen manche Arten in mehr als einem der Seen vor.
Die beiden Seen Lontoa und Masapi sind sogenannte Satellitenseen, die nicht direkt mit den drei Hauptseen verbunden sind, jedoch dennoch zum Malilisystem gezählt werden. Das Malili-Seensystem zeichnet sich durch weiches Wasser mit einer niedrigen Karbonathärte, aber einem ungewöhnlich hohen pH-Wert aus.
Neben den bei den einzelnen Seen jeweils spezifisch aufgeführten Süßwassergarnelenarten leben in den extrem nährstoffarmen und keimarmen Gewässern des Malili Seensystems zahlreiche endemische Fischarten (hauptsächlich Grundeln und Regenbogenfische), verschiedene Krabben und einige Schneckenarten der Gattung Tylomelania.
3.1 Matanosee
Der Matanosee oder Danau Matano ist mit ca. 590 m Tiefe nicht nur der tiefste See des Maliliseesystems und das tiefste Süßwasserbinnengewässer Indonesiens, er gehört sogar zu den zehn tiefsten Seen der Erde.
3.1.1 Zahlen, Daten, Fakten
- Tiefe: bis ca. 590 m
- Fläche: 164,1 km2
- Temperatur: 28,7 °C
- pH-Wert: 8,5
- Gesamthärte 7 °dGH
- Karbonathärte: 5 °dKH
- Leitwert: 175 µS
Vorkommende Garnelenarten: Caridina dennerli, Caridina holthuisi, Caridina loehae, Caridina masapi, Caridina lanceolata, Caridina mahalona, Caridina parvula, Caridina sp. „malili red“
3.2 Towutisee
Der Towutisee oder Danau Towuti ist der flächenmäßig größte See auf Sulawesi und der zweitgrößte See in ganz Indonesien. Über die Hälfte der bekannten Arten von Sulawesigarnelen sind hier heimisch. Der Towuti-See ist durch die Flüsse Petea und Tominanga mit dem Mahalonasee und dem Matanosee verbunden.
3.2.1 Zahlen, Daten, Fakten
- Tiefe: bis ca. 203 m
- Fläche: 561,1 km2
- Temperatur: 29,2 °C
- pH-Wert: 8,4
- Gesamthärte: 6 °dGH
- Karbonathärte: 4 °dKH
- Leitwert: 146 µS
Vorkommende Garnelenarten: Caridina glaubrechti, Caridina spongicola, Caridina spinata, Caridina striata, Caridina woltereckae, Caridina holthuisi, Caridina tenuirostris, Caridina profundicola, Caridina lingkonae, Caridina parvula, Caridina masapi, Caridina loeahae, Caridina lanceolata, Caridina sp. "trimaculata"
3.3 Mahalonasee
Der etwas kleinere Mahalonasee oder Danau Mahalona erstreckt sich über 25 Quadratkilometer. Der See ist maximal 73 m tief. Er wird durch den Petea-Fluss und dem Tominanga-Fluss mit dem Matanosee und dem Towutisee verbunden.
3.3.1 Zahlen, Daten, Fakten
- Tiefe: bis ca. 73 m
- Fläche: 25 km2
- Temperatur: 28,7 °C
- pH-Wert: 8,5
- Gesamthärte 7 °dGH
- Karbonathärte: 5 °dKH
- Leitwert: 175 µS
Vorkommende Garnelenarten: Caridina dennerli, Caridina holthuisi, Caridina loehae, Caridina masapi, Caridina lanceolata, Caridina mahalona, Caridina parvula, Caridina sp. „malili red“
3.4 Lontoasee
Der sehr kleine, mit nur 2-4 m Tiefe sehr flache Lontoasee oder Danau Lontoa, auch Wawantoa-See genannt, gilt als Satellitensee des Malili Seensystems. Er ist nicht mit den drei Hauptseen verbunden und liegt östlich vom Towutisee. Es gibt eine indirekte Verbindung zum Tominanga River.
3.4.1 Zahlen, Daten, Fakten
- Tiefe: 2 bis ca. 4 m
- Fläche: 1,1 km2
Vorkommende Garnelenarten: Caridina masapi
3.5 Masapisee
Der ebenfalls sehr kleine nur 2-4 m tiefe Masapisee oder Tapara Masapi gilt wie der Danau Lontoa als Satellitensee des Malili Seensystems und ist nicht direkt mit den drei Hauptseen verbunden. Der Masapisee liegt westlich vom Towutisee. Es gibt eine indirekte Verbindung zum Petea River.
3.5.1 Zahlen, Daten, Fakten
- Tiefe: 2 bis ca. 4 m
- Fläche: 1,5 km2
Vorkommende Garnelenarten: Caridina masapi
3.6 Peteafluss
Der Petea River ist eigentlich kein Fluss im engeren Sinne, sondern könnte als Erweiterung der Seen gesehen werden, die er verbindet. Hier leben dementsprechend auch Garnelenarten aus den Seen, keine Fluss-Spezies. Der Petea River verbindet den Matanosee mit dem Mahalonasee. Das Wasser überwindet einen beträchtlichen Höhenunterschied und fließt stellenweise in Kaskaden abwärts.
3.6.1 Zahlen, Daten, Fakten
- Länge: ca. 9,5 km
- Höhenunterschied: 72 m
Vorkommende Garnelenarten: Caridina holthuisi, Caridina lanceolata, Caridina loehae, Caridina masapi, Caridina parvula
3.7 Tominangafluss
Der Tominanga River, auch Mahalona River genannt, verbindet den Mahalonasee mit dem Towutisee und wird ebenfalls eher als Erweiterung der beiden Seen gesehen denn als "richtiger" Fluss. Dementsprechend kommen auch hier nur die lakustrischen Arten vor.
3.7.1 Zahlen, Daten, Fakten
- Länge: ca. 8,7 km
- Höhenunterschied: 31 m
Vorkommende Garnelenarten: Caridina lanceolata, Caridina masapi, Caridina parvula, Caridina tenuirostris
3.8 Laronafluss
Der Larona River fließt im Westen aus dem Towutisee und entwässert das Malili-Seensystem in Richtung Towuti Outlet Bay. Auch hier finden sich überwiegend lakustrische Arten.
3.8.1 Zahlen, Daten, Fakten
- Länge: etwas über 50 km
- Höhenunterschied: 293 m
Vorkommende Garnelenarten: Caridina lanceolata, Caridina masapi, Caridina tenuirostris
4 Probleme in den Habitaten
Das Malili-Seensystem beziehungsweise das Einzugsgebiets des Larona Rivers, zu dem die Seen gehören, wird aufgrund des starken Gefälles für die Gewinnung von Strom aus Wasserkraft genutzt. Anliegend an den Matanosee sind Nickelminen, die für eine starke lokale Sedimentverschmutzung verantwortlich sind - schwierig für die substratgebundenen Garnelen und Schnecken, die sich überwiegend von Aufwuchs ernähren, an den sie nun nicht mehr herankommen. Auch wird das eigentlich ultrasaubere, sehr nährstoffarme Wasser in seiner Qualität lokal durch die Minen beeinträchtigt.
Das allergrößte Problem ist jedoch nicht im Nickelabbau auf Sulawesi zu suchen, sondern in den eingeschleppten nicht heimischen Fischarten. Insbesondere Flowerhorn-Cichliden, die in Asien in der Aquaristik sehr beliebt sind, wurden absichtlich oder durch Zufall in den Matanosee eingebracht. Sie stammen aus einer Zuchtfarm für die Aquaristik, die unterschiedlichen Angaben nach entweder aufgegeben wurde (weshalb die Fische im See ausgesetzt wurden) oder durch einen Sturm so stark beschädigt wurde, dass die Fische in den See entkommen konnten.
Die Flowerhorn Cichliden haben im See keine natürlichen Feinde, vermehren sich unter den dortigen Bedingungen mehr als nur gut und richten unter den Garnelenarten im Matanosee wahre Verheerungen an. Bei Felduntersuchungen war teils nicht eine Garnele mehr zu finden, wo vor einigen Jahren noch dichte Populationen auf Steinen oder Treibholz saßen und die Oberfläche fleißig abweideten. Hin und wieder ließen sich einige wenige Tiere tief zwischen den Steinen sichten, aber dennoch - die Populationsdichte hat sehr krass abgenommen.
Eine weitere Folge dieser starken Störung im Biotop: Die Tylomelania-Schnecken werden eklatant weniger. Offenbar sind die Aufwuchsfresser darauf angewiesen, dass ihnen die Garnelen die Weidegründe sauberhalten. Weil es auf den Steinoberflächen fast keine Garnelen mehr gibt, finden die Schnecken nicht mehr genügend Aufwuchs. Berichten zufolge sieht man fast keine jungen Tylos mehr, nur noch größere adulte Schnecken - und auch von denen deutlich weniger.
Auch auf die einzigartige Fischfauna haben die räuberischen Eindringlinge ähnlich verheerende Auswirkungen wie auf die Garnelen.
Da die drei großen Seen miteinander verbunden sind, wandern die Cichliden langsam auch in die anderen Seen des Malili Systems ein - im Mahalonasee wurden sie bereits gesichtet. Die zu erwartenden Folgen dürften ähnlich dramatisch sein wie im Matanosee.
5 Sulawesi Keepers
Weil die faszinierenden Tiere aus den Alten Seen auf Sulawesi nicht von unserem Planeten verschwinden dürfen, hat sich eine Gruppe von Wissenschaftlern und engagierten Aquarianern und Aquarianerinnen zusammengefunden: die Sulawesi Keepers. Die Gruppe arbeitet vernetzt und stellt Verbindungen zwischen Aquarianern, Wissenschaftlern, Forschungsinstituten und Universitäten in Indonesien und dem Rest der Welt, mit Naturschutzorganisationen und lokalen Fischern und anderen von den Süßwasserhabitaten abhängigen Einwohnern der Insel her. Nur so gelingt vielleicht noch die Rettung der wundervollen Arten in den Alten Seen.
Wenn ihr mehr erfahren möchtet, wir stellen in unserem Extraartikel "Die Sulawesi Keepers" die Organisation im Detail vor.
Autor(en)
Ulli Bauer
Fotos: Carsten und Frank Logemann
Quelle
Nickel mining threatens Lake Matano, South Sulawesi, Published by MAC on 2003-05-15