Bakterielle Infektionen bei Garnelen

1 Erreger einer bakteriellen Infektion bei Garnelen

Bakterielle Infektionen sind bei Garnelen relativ häufig. Die meisten Erregerstämme sind dabei erfahrungsgemäß (und durch mehrfache Untersuchungen der Tierärztlichen Hochschule Hannover bestätigt) sogenannte ubiquitäre Keime, die in jedem Aquarium vorkommen und eigentlich keinen Schaden anrichten - es sei denn, das Immunsystem der Garnelen ist geschwächt. Insbesondere die Bakteriengattungen Vibrio, Aeromonas und Pseudomonas zählen hier zu den häufigsten in Proben gefundenen Erregern.

2 Verlauf

Nicht jede bakterielle Infektion hat den gleichen Verlauf, und auch nicht alle Infektionen wirken notwendigerweise gleich absolut verheerend. Manchmal verläuft die Krankheit mild, es sterben nur wenige Tiere, manche Tiere mit Symptomen erholen sich sogar wieder. Andere bakterielle Infektionen im Garnelenaquarium verlaufen sehr viel schwerer, die Tiere stecken sich in Massen an und es gibt viele Verluste innerhalb kurzer Zeit.

3 Symptome für eine bakterielle Infektion bei Garnelen

Vorab: Nicht alle der in der folgenden Liste aufgezählten Symptome treten bei jeder bakteriellen Infektion auf. Auch sind nicht alle Symptome in der Liste eindeutig einer Infektion mit bakteriellen Erregern zuzuordnen, sie können auch andere Gründe haben (beispielsweise eine Infektion mit Pilzen oder eine Vergiftung). Bevor ihr Medikamente einsetzt (vor allem Antibiotika), klärt unbedingt ab. ob die Probleme eurer Garnelen nicht eine andere Ursache haben könnten - werden sie richtig gehalten, sind potentielle Schadstoffquellen im Aquarium vorhanden, stimmt die Ernährung?

  • Das Muskelfleisch im Inneren der Garnele (im Pleon, also im Hinterleib) nimmt eine weißlich-trübe Farbe an. Der Grund für diese Färbung liegt in einer Schädigung der Kiemen – auch ein schwerer Sauerstoffmangel aus anderen Gründen kann sich so äußern. Wird der Hinterleib der Garnele nahezu gänzlich undurchsichtig und weiß, liegt eine schwere Muskelnekrose vor.
  • Bei einer Entzündung des Muskelgebewes kann diese Verfärbung auch ins Rötliche gehen.
  • Bei einer Infektion der inneren Organe verfärben sich die durch den Rückenpanzer sichtbaren Organe der Garnele farblich - oft nehmen die entzündeten Organe eine rosa bis rötlich-orangene Färbung an.
  • Bei einer äußeren bakteriellen Infektion verfärbt sich die Haut der Garnele weißlich, oft in asymmetrischen Flächen.
  • Eine bakterielle Infektion, die mit Hautläsionen einhergeht, äußert sich in dunkelbraunen sogenannten Rostflecken oder Brandflecken auf der Haut, die mehr oder weniger stark eingesenkt sein können.
  • Erkrankte Garnelen verlieren insgesamt an Farbe, sie werden blass.
  • Es kann vorkommen, dass an einer bakteriellen Infektion erkrankte Garnelen Gliedmaßen oder Fühler ganz oder teilweise verlieren
  • Typisch ist auch das Steifwerden der Schreitbeine. Betroffene Tiere fallen um und bleiben liegen, die Schwimmbeine wedeln ab und zu noch schwach.
  • Manchmal äußert sich eine bakterielle Infektion durch das Aufbrechen einer kleinen Lücke zwischen dem 3. und 4. Abdominalsegment der Garnele, oft knickt das Pleon infizierter Tiere an dieser Stelle sichtbar nach unten ab und sie haben einen kleinen "Buckel" - zu sehen beispielsweise bei der blauen Tigergarnele in unserem Artikelbild
  • Erkrankte Garnelen werden träge, sie sitzen viel herum und fressen nicht mehr
  • Eine bakterielle Infektion kann zu Häutungsproblemen führen.
  • Aber auch ohne weitere sichtbare Symptome kann es geschehen, dass Garnelen mit einer bakteriellen Infektion wie aus heiterem Himmel einfach umfallen und sterben.
  • Eine eher milde verlaufenden Infektion äußert sich nicht in Massensterben, dennoch verenden jeden Tag einzelne Garnelen, oft auch in kurzen Abständen über mehrere Tage hinweg.
  • An einer bakteriellen Infektion gestorbene Tiere machen durch die hohe Bakterientätigkeit in ihrem Inneren häufig einen eher instabilen Eindruck, das Körpergewebe wird schnell weiß, beim Herausnehmen zerfallen sie schneller.

 

4 Ursachen einer bakteriellen Infektion bei Garnelen

Das Immunsystem der Garnelen ist ein sogenanntes rudimentäres Immunsystem. Infektionen können sich ausbreiten, wenn der Keimdruck im Aquarium steigt, oder wenn neue Garnelen zugekauft werden, die eine fremde Keimflora mitbringen. Auch Stress durch suboptimale Haltungsbedingungen wie falsche Wasserwerte, eine ungeeignete Ernährung, Stress durch Versand, eine nicht oder zu schnell stattgefundene Eingewöhnung (um nur einige Beispiele zu nennen) kann bei Zwerggarnelen zu einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber Keimen führen.

Ganz besonders gefährdet sind bei einer hohen Keimbelastung diejenigen Garnelen, die aus sehr sauberen, keimarmen Biotopen stammen (die sogenannten Bachgarnelen wie z.B. die Bienengarnele Caridina logemanni oder Tigergarnelen (Caridina mariae), aber auch die Garnelen aus dem Malili-Seensystem auf Sulawesi). Hier sollte man vorbeugend besonders darauf achten, die Keimbelastung möglichst niedrig zu halten.

5 Infektionen vorbeugen

Ausführlich gehen wir darauf in unserem Wiki-Artikel "Krankheiten vorbeugen ist besser als heilen" ein, daher hier nur ganz kurze Stichworte:

  • Bakterien stehen zueinander in Konkurrenz. Wenn wir nun die "guten" Bakterien, die Schadstoffe abbauen, im Aquarium fördern, geht dies zu Lasten der krankmachenden Bakterien.
  • Huminstoffe sollten im Aquarium vorhanden sein, sie stärken das Immunsystem der Bewohner. Sehr wenig hilft schon, entweder durch regelmäßigen Einsatz von braunem Laub, Erlenzapfen, etc. einbringen, oder z.B. mit Liquid Humin+ oder Black Water Powder SE/Fulvin+.
  • Eine gute Wasserqualität ist wichtig, die organische Belastung sollte niedrig sein, und du solltest einen Nitratwert von unter 10 mg/l anstreben.
  • Es kann helfen, regelmäßig den Futterplatz zu mulmen oder Futterschalen im Garnelenaquarium zu verwenden, damit sich die Futterkrümel gar nicht erst in den Bodengrund verkrümeln können.
  • Abgestorbene Pflanzen(teile) und tote Tiere werden schnellstmöglich entfernt
  • Neue Tiere werden zunächst in Quarantäne gehalten.
  • Regelmäßige Wasserwechsel sind wichtig - sie halten die Wasserbelastung und den Keimdruck niedrig.
  • Unter anderem haben zum Beispiel braunes Herbstlaub, Erlenzäpfchen und Seemandelbaumblätter eine keimhemmende Wirkung. Sie können im Aquarium auch vorbeugend eingesetzt werden.
  • Laut verschiedenen Studien hat das Verfüttern von Beta-Glucan einen ausgesprochen positiven Effekt auf das Immunsystem bei Garnelen und kann diversen Erkrankungen vorbeugen.
  • Auch gibt es Studien, die den Einsatz von probiotisch wirkenden Bakterien als positiv für das Immunsystem bei Wassertieren - und auch bei Garnelen - beurteilen.

 

6 Vorgehensweise bei Infektionen

6.1 Quarantäne für erkrankte Garnelen

Tote Garnelen und Garnelen, die Krankheitssymptome zeigen, müssen umgehend aus dem Aquarium genommen werden! Wenn die noch gesunden Tiere eine an einer Infektion verstorbene Garnele auffressen, stecken sie sich unweigerlich an und werden selbst krank. Sichtbar kranke Garnelen setzt ihr am besten in ein kleines Quarantänebecken ohne Bodengrund und mit nur einem oder zwei Stängeln Pflanzen. Ein Luftsprudler oder ein Oxydator sorgen für Sauerstoff, ein Filter ist nicht unbedingt notwendig. Wie genau ein solches Quarantänebecken aussieht und gehandhabt wird, haben wir im Artikel "Das Quarantänebecken" eingehend beschrieben.

Auch wenn die sichtbar kranken Tiere im Quarantänebecken sitzen, sollte das ursprüngliche Aquarium dennoch vorsorglich mit behandelt werden, weil die Keime dort in jedem Fall vorhanden sind.

6.2 Behandlung bei mildem Verlauf

Im Aquarium sollten zunächst optimale Verhältnisse hergestellt werden, siehe dazu auch unseren Artikel "Krankheiten vorbeugen ist besser als heilen".

Mit Mitteln aus der Natur wie Fenchelgrün, grün getrocknetes Walnusslaub, Seemandelbaumblättern oder Seemandelbaumrinde, Zimtstangen und vielen anderen mehr (ausführlich erklärt im Artikel "Hausmittel und Heilmittel aus der Natur") kann man bei einer nicht schwer verlaufenden bakteriellen Infektion unterstützen.

Häufig ist bei einer bakteriellen Infektion der Keimdruck im Aquarium so hoch, dass das rudimentäre Immunsystem der Garnelen einfach überrannt wird. Durch einen Wasserwechsel von 80% alle zwei Tage kann die Keimbelastung reduziert werden. Die Wasserwechsel werden mindestens eine Woche lang durchgeführt, beziehungsweise so lange, bis die Garnelen keine Symptome mehr zeigen. Weitere sinnvolle Maßnahmen zur Reduzierung des Keimdrucks findet ihr in unserem Artikel: "Die Keimdichte senken".

6.3 Medikamentöse Behandlung

Bei schwereren Verläufen kann es vorkommen, dass man um eine Behandlung mit Medikamenten nicht herumkommt. Grundsätzlich gilt allerdings das schon oben gesagte: Zunächst müssen die Bedingungen im Aquarium optimiert werden, wie im Wiki-Artikel "Krankheiten vorbeugen ist besser als heilen" beschrieben.

6.3.1 Dosierung und Bezugsquelle

Das Antibiotikum Baytril gilt mittlerweile als das Mittel der Wahl bei einer bakteriellen Infektion bei Zwerggarnelen im Aquarium. Bitte beachtet, dass Antibiotika wegen der Resistenzbildung genau nach Anweisung verwendet werden müssen und dass sie keinesfalls unterdosiert oder zu kurz angewendet werden dürfen! Antibiotika sind rezeptpflichtig und dürfen nur vom Tierarzt abgegeben werden.

Wie dosiert wird, beschreiben wir in unserem Artikel "Baytril im Aquarium".

6.3.2 Während der Behandlung

Zu beachten ist, dass Antibiotika unspezifisch auf Bakterien wirken, das heißt, auch die Filterbakterien müssen bei einer antibakteriellen Behandlung gegen eine Infektion bei Zwerggarnelen dran glauben. Während der Behandlungszeit sollte das Aquarium belüftet oder per Oxydator mit Sauerstoff versorgt werden. Weil organische Schadstoffe nicht oder nur noch in geringem Maße von den Filterbakterien abgebaut werden, sollte für zwei Wochen nach der Behandlung nur sparsam gefüttert werden. In der Regel reicht ein braunes Herbstblatt für die Garnelen als Nahrungsgrundlage aus.

Mit Heilmitteln aus der Natur wie grünen getrockneten Walnussblättern, Fenchelgrün und so weiter kann man die Garnelen natürlich parallel zu einer Behandlung mit Antibiotika unterstützen. Auch der Einsatz von Probiotika, die eine gesunde Darmflora und damit das Immunsystem der Garnelen unterstützen können, sowie das Verfüttern von Produkten, die Betaglucane enthalten, die ebenfalls das Immunsystem stärken können, ist bei einer bakteriellen Infektion sinnvoll.

Während der Antibiotika-Behandlung muss Aktivkohle aus dem Filter genommen werden. Auch Wasseraufbereiter, Zeolith und Montmorillonit können Medikamente binden, sie sollten ebenfalls während der Behandlung nicht zum Einsatz kommen.

6.3.3 Nach der Behandlung

Nach der Behandlung werden die Antibiotika durch die regulären Wasserwechsel ausgetragen, zusätzlich kann man noch über Aktivkohle filtern. Das Wechselwasser aus einem Aquarium, das mit Antibiotika behandelt wird, darf unter keinen Umständen in die Kanalisation gelangen. Es wird am besten einfach auf die Erde geschüttet, wo die Antibiotika von Bodenbakterien früher oder später abgebaut und unschädlich gemacht werden.

Da die Filterbakterien durch Antibiotika ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden, kann es notwendig sein, das Aquarium nach dem Wasserwechsel und dem Filtern über Aktivkohle neu anzuimpfen.

6.4 Alternative zu Antibiotika

Wenn man nicht mit Antibiotika behandeln möchte (weil sie durchaus ein zweischneidiges Schwert sind), bietet sich als Alternative an, das Aquarium "auf Null" zu setzen, also einen Reset vorzunehmen und es komplett neu zu machen. Dabei wird nicht nur der Bodengrund ausgetauscht und das Wasser zu 100% gewechselt, man spült auch den Filter gründlich aus und impft das Aquarium neu an. Das Animpfen ist wichtig, weil man so den in frischen Aquarien auftretenden Nitritpeak abmildern oder sogar ganz vermeiden kann.

Dieses Vorgehen sorgt für eine drastische Keimreduzierung und kann dazu beitragen, dass die Mikroflora des Aquariums wieder ins Lot kommt und dass das Immunsystem der Garnelen mit der Infektion fertig wird. Zunächst klingt dies zugegebenermaßen nach Hauruckmethode, aber dieses Vorgehen hat schon so manchen sterbenden Stamm gerettet.

Nach dem Neuaufsetzen unterstützt man die Garnelen mit Heilmitteln aus der Natur wie zum Beispiel grünen getrockneten Walnussblättern oder kleinen Mengen von Fenchelgrün wie bei der Behandlung mit Antibiotika auch. Probiotika, können die Darmflora und das Immunsystem der Garnelen unterstützen, und Futtermittel mit Betaglucanen sind bei der Bekämpfung einer bakteriellen Erkrankung ebenfalls sinnvoll.

 

Autor(en)

Ulli Bauer

Fotos: Carsten Logemann, Ricardo Castellanos

Quelle

KREBSTIERE (CRUSTACEA) - BIOLOGIE, VORKOMMEN, HALTUNG UND ERKRANKUNGEN, SOWIE IHRE BEDEUTUNG ALS ZOOTIEROBJEKTE UND LEBENSMITTELRESSOURCEN - EINE LITERATURSTUDIE - MARC WALTHER

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